Brief an die Aktionärinnen und Aktionäre
Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
sehr geehrte Damen und Herren
Nach pandemiebedingten Einschränkungen und tiefen Passagierzahlen im ersten Halbjahr durften wir im zweiten Halbjahr eine Erholung und einen positiven Geschäftsgang verzeichnen. Wir konnten das Grossprojekt Circle erfolgreich abschliessen und wichtige Infrastrukturprojekte am Standort Zürich und im Ausland vorantreiben. Als Unternehmen entwickeln wir uns weiter und schauen mit Zuversicht nach vorn.
Ein wechselhaftes Jahr mit Lichtblicken
Tiefe Passagierzahlen im ersten Halbjahr gefolgt von einer Erholung ab Sommer, mehrfach ändernde Reise- und Quarantänebestimmungen, partielle Schliessungen von Läden und Restaurants sowie Homeoffice-Regelungen wirkten sich stark auf die Geschäftsentwicklung am Standort Zürich aus.
In den ersten sechs Monaten lag der Verkehr auf einem sehr tiefen Niveau von knapp 15 % des Volumens gegenüber der Vorkrisenzeit. Im Sommer und während der Herbstferien stiegen die Passagierzahlen auf 50 % bzw. an einzelnen Tagen auf rund 65 % an. Zum Auftrieb beigetragen haben unter anderem die Einführung und die Anerkennung der Covid-Zertifikate sowie der Impffortschritt. Ebenfalls positiv ausgewirkt haben sich die Grenzöffnungen der USA sowie einiger asiatischer Länder für geimpfte Reisende ab November. Die erneut ansteigenden Covid-Fallzahlen, das Aufkommen der Virusvariante Omikron und neue Reisebeschränkungen Ende Jahr dämpften die Erholungsphase. Insgesamt resultierte 2021 ein Passagieraufkommen von 10.2 Mio. Reisenden am Standort Zürich.
Als besondere Herausforderungen im Flughafenbetrieb erwiesen sich das kurzfristige Buchungsverhalten der Passagiere und zusätzliche, aufwändige Dokumentenkontrollen, was die Ressourcen- und Produktionsplanung erschwerte. Die Sicherheit unserer Gäste hat stets oberste Priorität, entsprechend wurden die Schutzmassnahmen sorgfältig umgesetzt und das Angebot an Testzentren mit externen Partnern im Berichtsjahr wurde markant ausgebaut.
Gegenüber Politik und Behörden vermittelten wir regelmässig und gemeinsam mit unseren Partnern aus Luftfahrt und Wirtschaft unseren Standpunkt bezüglich Reisebestimmungen und Restriktionen. Wir sind überzeugt, dass risikobasierte Schutzmassnahmen rund um Testen, Impfen, Schutzmasken und Zertifikate die bessere Lösung sind als pauschale Reisebeschränkungen oder Quarantäneregelungen. Die Reisefreiheit muss möglichst aufrechterhalten werden.
Das Kommerzgeschäft verzeichnete ebenfalls erhebliche Ertragseinbussen, allerdings in kleinerem Umfang als im Passagierbetrieb. Aufgrund der behördlich verfügten Schliessungen bzw. der Homeoffice-Regelungen besuchten nebst weniger Passagieren auch deutlich weniger Pendlerinnen und Pendler, Gäste und Mitarbeitende den Flughafen Zürich.
Auch bei den Auslandsbeteiligungen war Corona das dominierende Thema im vergangenen Jahr. Der Geschäftsverlauf in Brasilien und Chile zeigte jedoch eine starke Erholung, was insbesondere auf den hohen Anteil des Inlandverkehrs zurückzuführen ist. Die Tochtergesellschaften meisterten die Krise durch verschiedene getroffene Massnahmen autonom.
Während aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen im ersten Halbjahr 2021 noch ein Verlust resultierte, konnte dank fortschreitender Erholung im zweiten Halbjahr ein Gewinn erwirtschaftet werden. Über das ganze Geschäftsjahr betrachtet, resultierte trotzdem ein Konzernverlust von CHF 10.1 Mio. (Verlust im Vorjahr CHF 69.1 Mio.).
Auch im abgelaufenen Geschäftsjahr waren wir in der Lage, die Krise aus eigener Kraft zu meistern. Mit Ausnahme des Instruments der Kurzarbeit wurde keinerlei Staatshilfe bezogen.
Der Flughafen Zürich und unser Unternehmen entwickeln sich weiter
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen präsentierte sich das Streckennetz ab Zürich per Winterflugplan mit rund 150 Destinationen und 43 Airlines. Damit kehrten rund 80 % der Fluggesellschaften wieder zurück, die bereits vor der Pandemie den Flughafen Zürich angeflogen hatten. Europa blieb der wichtigste Markt, insbesondere auch dank der Ferienziele im Mittelmeerraum. In Nordamerika erreichte das Streckenangebot praktisch wieder das Vorkrisenniveau.
Im Berichtsjahr feierte der Circle sein einjähriges Bestehen und mit der Eröffnung der beiden Hyatt Hotels im April und im Dezember sowie mit zahlreichen weiteren neuen Mietern konnte dieses Grossprojekt erfolgreich abgeschlossen werden. Besondere Anlässe wie das Licht- und Musikfestival Zauberpark, ein Quartierfest oder spannende neue Angebote von Partnern belebten das neue und einzigartige Quartier im Flughafen Zürich zusätzlich und lockten neue Gäste an. Die zentrale Örtlichkeit, die gute Erreichbarkeit und die Attraktivität des Flughafenumfelds bedienen die Bedürfnisse der Veranstaltungsbranche, was sich auch in den Buchungszahlen zeigte. So fanden im The Circle Convention Center im Jahr 2021 bereits zahlreiche Grossevents statt.
Auch in den Kommerzzentren Airport Shopping und Airside Center ergänzte eine Reihe neuer Angebote im Bereich Retail und Gastronomie das bestehende Angebot und bewies, dass der Flughafen Zürich auch in der Pandemie ein attraktiver Ort für den Einzelhandel und für Dienstleistungen im Grossraum Zürich bleibt.
Die Flughafeninfrastruktur am Standort Zürich wurde gezielt weiterentwickelt, allen voran mit der Erneuerung und der Erweiterung der Gepäcksortieranlage (GSA) und der Erweiterung der landseitigen Passagierflächen (ELP). Beide Projekte verlaufen planmässig. Die Vorbereitungen für die Pistensanierung 10/28 wurden ebenfalls lanciert. Das Projekt Pistenverlängerungen hat einen längerfristigen Planungshorizont. Im Berichtsjahr erfolgte ein wichtiger Schritt, als der Regierungsrat im Mai dem Projekt seine Zustimmung erteilte und den Weg für die Beratung im Kantonsrat ebnete, gefolgt von einer sehr wahrscheinlichen kantonalen Volksabstimmung.
Das internationale Geschäft etablierte sich als eigenständiges Geschäftsfeld und fokussiert aktuell auf die beiden Märkte Lateinamerika und Indien. In Indien schreitet das Greenfield-Flughafenprojekt Noida International Airport als grösstes Auslandprojekt erfolgreich voran. Im Berichtsjahr konnte die Finanzierung sichergestellt, das Projektland übernommen und der Spatenstich gefeiert werden.
Nachhaltigkeit rückt ins Zentrum der Unternehmensstrategie
Wir setzen uns für eine nachhaltige Luftfahrt ein und nehmen unsere unternehmerische, ökologische und soziale Verantwortung wahr, sowohl im Inland als auch bei unseren Projekten im Ausland. Mit dem Beitritt zur weltweit grössten Initiative für nachhaltiges Wirtschaften, dem von den Vereinten Nationen getragenen «Global Compact», stärken wir unser fortdauerndes Bekenntnis für eine nachhaltige Unternehmensführung. Wir bekennen uns zu den zehn Prinzipien, weil wir unsere Verantwortung als Unternehmen in den wichtigen Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umwelt und Korruptionsbekämpfung wahrnehmen und öffentlich für diese Werte einstehen. Wie wir zur Erfüllung der Prinzipien im Rahmen unseres Einflussbereichs einen Beitrag leisten, zeigen wir im Fortschrittsbericht.
Das dringlichste Thema auf dem Weg zu einer nachhaltigen Luftfahrt ist die Verringerung der CO2-Emissionen. In unserer Energiestrategie für den Standort Zürich haben wir unseren Beitrag auf dem Weg zu einer Dekarbonisierung der Luftfahrt festgelegt. Die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens für 2030 haben wir bereits erfüllt und wir streben mit einem verbindlichen Absenkungspfad netto null bis 2050 an. Massnahmen zur Erreichung dieses Ziels sind unter anderem Gebäudesanierungen und eine moderne Energieversorgung. Der Circle ist LEED-Platinum- und MINERGIE-zertifiziert und setzt dabei auf alternative Energien und Effizienz, beispielsweise mit Solarstrom oder dem Einsatz von Wärmepumpen mit konsequenter Wärmerückgewinnung und Wärmezwischenspeicherung im Erdreich. Ausserdem stellen wir die Fahrzeugflotte am Flughafen Zürich schrittweise auf elektrische Antriebe um und haben auch die E-Mobility-Angebote für Reisende und Gäste markant erweitert.
Unser Engagement gilt auch alternativen Treibstoffen, sogenannten Sustainable Aviation Fuels (SAF). Auf ihnen ruhen grosse Hoffnungen, in Zukunft die CO2-Bilanz des Fliegens deutlich zu verbessern. Reines SAF erzielt eine Reduktion der CO2-Emissionen um mindestens 80 % gegenüber fossilem Kerosin. Diesbezüglich ist uns im Berichtsjahr ein bedeutender Schritt gelungen: Gemeinsam mit verschiedenen Partnern konnten wir einen Prozess zum Import von SAF in die Schweiz entwickeln. Seit dem 1. Juli 2021 sind angepasste Zollbestimmungen in Kraft, welche die Einfuhr von alternativen Treibstoffen in die Schweiz auf regulärer Basis ermöglichen. Importiert wird eine Mischung aus nachhaltigem und fossilem Treibstoff, die am Flughafen Zürich über die regulären, bereits bestehenden Hydrantensysteme getankt wird.
Auch am Standort Indien setzen wir mit dem Bau des Noida International Airport unsere Bestrebungen für eine Stärkung der Nachhaltigkeit fort: Noida soll der erste Flughafen seiner Klasse in Indien sein, der netto null CO2-Emissionen erreicht und damit einen neuen Standard für den nachhaltigen Flughafenbetrieb setzen wird.
Für das abgelaufene Geschäftsjahr hat unser Unternehmen erstmals einen Integrierten Bericht nach den Standards der Global Reporting Initiative (GRI) verfasst. Diese repräsentieren einheitliche und anerkannte Regeln für die öffentliche Berichterstattung zu den wesentlichen ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen.
Dank und Ausblick
Auch wenn eine gewisse Unsicherheit bleibt, gehen wir davon aus, dass sich die Erholung im laufenden Jahr fortsetzt. Die Krise hat uns aufgezeigt, dass wir in einer globalen, mobilen Gemeinschaft leben. Die enge Anbindung der Schweiz an die Welt wird an Bedeutung zunehmen, weil unser Land die Vorteile eines Wirtschafts- und Wissensstandortes mit hoher Lebensqualität vereint. Als Flughafenbetreiberin leisten wir unseren Beitrag, indem wir mit einem langfristigen Horizont und einem Fokus auf nachhaltige Wirkung planen und handeln. Dabei schöpfen wir aus den wertvollsten Ressourcen einer Unternehmung: unseren engagierten Mitarbeitenden und einer Unternehmenskultur, die von hoher Solidarität und gegenseitiger Wertschätzung zwischen Arbeitgeberin und Arbeitnehmenden geprägt ist.
Diese Krise hat uns als Unternehmen mit unseren Flughafenpartnern weiter zusammengeschweisst. Die gute Zusammenarbeit schätzen wir sehr. Unser herzlicher Dank gebührt allen Partnerinnen und Partnern und weiteren Unterstützerinnen und Unterstützern. Besonders danken möchten wir auch unseren Mitarbeitenden für den grossen und unermüdlichen Einsatz. Und natürlich Ihnen, geschätzte Aktionärinnen und Aktionäre, für die langjährige Treue und das Vertrauen.
Andreas Schmid
Präsident des Verwaltungsrats
Stephan Widrig
Vorsitzender der Geschäftsleitung